Inhalt:
(gefolgt von einer Anmerkung des Autors)

Es sind Jahrhunderte vergangen, seit Anna Böckhler, genannt Fingerhütin, als Hexe angeklagt und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde. Dass jetzt ihre Prozessakte zum Vorschein kommt, sollte normalerweise nur Geschichtsforscher interessieren. Doch es sieht ganz so aus, als gäbe es jemanden, der die Akte mit allen Mitteln an sich bringen will. Und dann geschehen Dinge, die nur einen Schluss zulassen: Die Fingerhütin selbst greift in das Geschehen ein. Aber wie? Taucht sie selber aus dem Jenseits auf? Oder handelt jemand in ihrem Auftrag? Ist womöglich jemand von ihr besessen, und wenn ja, woran erkennt man so jemanden? – Solche Fragen beschäftigen Lennart nicht nur, weil er der erste war, der diesen unheimlichen Schrei am Feininger Tor gehört hat. Lennart heißt auch mit Nachnamen Bokler, und er weiß, dass seine Vorfahren Böckhler hießen. Die Geschichte um die Hexenakte geht ihn ganz persönlich an. Gemeinsam mit Katja beginnt er nachzuforschen – nicht ahnend, welche Gefahren auf sie warten.

Ein grausames Verbrechen in einer dunklen Zeit. Eine Seele, die nach Gerechtigkeit schreit. Zwei Freunde, die nach der Wahrheit suchen – wie »Geisterschiff« und »Keltenfeuer« liefert »Die Hexenakte« Spannung vom Feinsten.

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Anmerkung des Autors:

Im Jahre 1593 wurde in der süddeutschen Reichsstadt Nördlingen eine Frau namens Anna Glauning des Hexenwerks beschuldigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Diese Frau war eine Vorfahrin meiner Mutter, einer geborenen Glauning.

Die Prozessakte der Annna Glauning (sie wurde Fingerhütin genannt) wird bis heute im Stadtarchiv Nördlingen aufbewahrt. Vor mehr als siebzig Jahren hat ein Mitglied der Familie Glauning eine Abschrift dieser Akte angefertigt, und zwar nicht in deutscher Schreibschrift, sondern mit der Schreibmaschine. So konnte ich die Akte der Fingerhütin lesen. Das tat ich, wenn ich mich recht erinnere, zum ersten Mal mit 12, und ich war, das weiß ich noch genau, von Anfang an wie gebannt. Schon damals hatte ich das Gefühl: Das ist eine Geschichte, die erzählt werden muss, da müsste jemand ein Buch daraus machen. Und als ich später selbst Bücher zu schreiben begann, da war mir klar: Irgendwann würde ich die Geschichte der Fingerhütin erzählen.

Doch jedes Mal, wenn ich dazu ansetzen wollte, hielt mich eine seltsame Scheu zurück. Es war das Gefühl, ich könne, was die Fingerhütin an Furchtbarem erlebt und erlitten hat, nicht so beschreiben, dass ich ihrem Leiden gerecht würde. Erst als ich mich entschloss, aus der Fingerhütin eine fiktive Person zu machen, und als Handlungsort die fiktive Stadt »Rottlingen« wählte, konnte ich darangehen, aus der Prozessakte der Anna Glauning eine Geschichte zu machen.

Mittlerweile war jedoch die maschinengeschriebene Abschrift der Akte verloren gegangen. Ich musste mich also ins Nördlinger Archiv begeben und die Akte aus der alten Schrift erneut übertragen – eine mühsame, aber spannende Arbeit.

»Die Hexenakte« erzählt die Geschichte der fiktiven Anna Böckhler, genannt Fingerhütin. Diese Geschichte deckt sich in vielen Punkten mit der meiner Vorfahrin. So habe ich zahlreiche, erfolterte »Geständnisse« und Aussagen von Anna Glauning in die Verhörprotokolle der Anna Böckhler übernommen. Viele Ausdrücke und Formulierungen, überhaupt das Kanzleideutsch der damaligen Zeit stammen aus der Akte meiner Vorfahrin. Auch Schreibweisen und Grammatik. Dafür gab es damals keine festen Regeln (jeder Schreiber schrieb, wie er es für richtig hielt – ein Zustand, den wir durch die sogenannte Rechtschreibreform schon fast wieder erreicht haben). Dies sollte sich vor Augen halten, wer die Protokolle im Anhang des Buches studiert.

Es sei noch angemerkt, dass ich streng auf historische Genauigkeit geachtet habe, auch was Annas Erlebnisse in Ungarn angeht.

Dietlof Reiche

                                           
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